Porsche 356 B BT5 Coupé

Auferstanden aus Ruinen

04.08.2023 12:08 Uhr

Text: Sven Zimmermann Fotos: Philipp Navratil

Nachdem Aaron mit seinem T2B-Bus samt fettem Bodydrop in der Showcar-Szene einiges an Aufsehen erregt hatte, stand ihm der Sinn nach etwas Neuem. Käfer, Karmann, Typ3 oder Kübelwagen – alles war im Freundeskreis schon vorhanden. Irgendetwas musste es doch noch geben, was nicht schon tausendfach in der Gegend rumfuhr, überlegte unser Mann. Schließlich blieb er am Porsche 356 hängen.

Am liebsten ein frühes A-Coupé! Aber das war auch im Jahr 2008 schon mit viel Geld und noch mehr guten Worten nicht zu bezahlen. Es blieben also nur die etwas neueren Modell der Baujahre 1959 bis 1965. Aber auch hier war ein komplett fertiges und fahrbereites Auto nicht zu bezahlen. Es musste also ein passendes Restaurierungsobjekt gefunden werden.

Über Beziehungen erfuhr Aaron von einem komplett ausgebrannten BT5 Coupé (356B) Baujahr 1959, das bei einem niederländischen Händler stand. Der Wagen war ursprünglich nach Belgien ausgeliefert worden, wurde dann aber recht schnell nach Dänemark verkauft. Schließlich kam er nach Deutschland zurück, wo eine Familie aus Bad Segeberg den Porsche restaurieren wollte. Dabei lief leider etwas schief und der Wagen fing Feuer und brannte schließlich völlig aus. Die traurigen Überreste erstand dann der bereits erwähnte niederländische Händler, der nun die Rohkarosse für einen fünfstelligen Betrag anbot – eine Menge Schotter. Aber für das Objekt der Begierde machte sich Aaron umgehend mit Kumpel René aka Siggi, einem Mazda 323 und einem ausgeliehenen Hänger auf den Weg in unser Nachbarland. Ein passendes Zugfahrzeug, geschweige denn ein entsprechender Führerschein für Anhänger hätte so einer spontanen Unternehmung nur im Weg gestanden.

Foto: privat

Manchmal muss es auch so gehen

Den Heimweg trat Aaron als glücklicher Besitzer eines Porsche 356 an. Oder zu mindestens einer Rohkarosse samt Hauben und Türen. 
Das Feuer hatte ordentlich gewütet und den kompletten Lack zerstört. Die blanke Blechhaut begann schon ordentlich zu rosten. Die ersten Arbeiten bestanden also darin, den Rostansatz zu entfernen und das Blech mit einer Epoxy-Grundierung zu schützen. Nun konnten Stück für Stück die Blechpartien ausgetauscht werden, die durch das Feuer ihre Form oder die Steifigkeit verloren hatten. Ebenso hatte der Einsatz der Feuerwehr ein paar Spuren an der Karosserie hinterlassen, die es zu beseitigen galt. Zusätzlich gab es auch rostmäßig die eine oder andere Stelle, die ein wenig Aufmerksamkeit brauchte. So mussten zum Beispiel die vordere Haube samt Scharnieren, die Innenkotflügel, Bereiche der Schweller und der hinteren Sitzschalen sowie die Seitenbleche im Motorraum erneuert werden.

Diese Arbeiten nahmen jede Menge Zeit in Anspruch.

Unser Mann nutzte dabei allerdings jede freie Minute, um sich um die fehlenden Teile seines Porsches zu kümmern. Jeder, der sich schon einmal mit dem Thema Porsche auseinandergesetzt hat, weiß, dass Ersatzteile extrem teuer sind. Bei alten Modellen kommt noch dazu, dass die benötigten Teile zum Teil gar nicht mehr oder nur gebraucht zum Aufarbeiten zu bekommen sind.

„Zum Glück hatte ich inzwischen ein paar gute Kontakte in die Porsche-Szene geknüpft und Leute gefunden, die mich in meinem Projekt sehr unterstützt haben", erinnert sich der 39-Jährige. „Vieles wäre sonst gar nicht finanzierbar gewesen." Aaron wollte seinen Porsche so nah wie möglich am Original restaurieren, um ihn dann mit ein paar abgefahrenen Ideen szenetauglich und zu einem Unikat zu machen. Natürlich waren der „Matching Numbers"-Motor und das Getriebe bei dem Feuer zerstört worden. Aber passende Teile aus dem richtigen Baujahr sollten es schon sein. Einen Motor aus dem Baujahr 1959 fand er in Bayern. Ein Sammler verkaufte einen seiner Ersatzmotoren. Einen 1600S mit 75 PS. Aaron zerlegte das Aggregat komplett und baute es mit neuen Lagern neu auf. Die Köpfe wurden ebenso überarbeitet und die Ventilsitze auf Übermaß gefräst. Zusätzlich gab es noch Slip-in-Kolben und Zylinder, die den Hubraum auf 1.720 Kubikzentimeter erweitern, und eine Kurbelwelle aus dem Porsche 356 C. „Die hat eine verbesserte Ölversorgung, was der Langlebigkeit zugutekommt", erklärt uns der Schrauber. Für etwas mehr Leistung verbaute Aaron noch eine umgeschliffene Originalnockenwelle mit schärferen Steuerzeiten, eine Solex-40/2-4-Vergaseranlage sowie eine 4in1-Mosquito-Auspuffanlage von Custom & Speed Parts.

Foto: Philipp Navratil

Keine Kompromisse

Auch in Sachen Getriebe machte Aaron keine halben Sachen. Ein gutes, originales Gehäuse strahlte er mit Glasperlen und baute es komplett mit originalen Porsche-Teilen wieder neu auf. Vom Kegel-Tellerrad bis hin zu den Gangsätzen ist alles neu. Inzwischen waren auch die Karosseriearbeiten abgeschlossen und die Lackiererei Schäfer aus Aue konnte den „Phoenix aus der Asche" in wunderschönes „Dove Blue" (Taubenblau L31) tauchen. Dies stellte sich durch den Brandschaden allerdings als echte Herausforderung dar. Am Ende stand die Karosserie dann aber perfekt da. Nun konnten die ersten neuen oder fertig aufgearbeiteten Teile an die frisch lackierte Blechkarosse geschraubt werden. Nach der langen und kostspieligen Zeit ein echter Meilenstein. Kumpel und Kfz-Meister Emmanuel Heinz unterstützte Aaron dabei nicht nur mit seiner Hebebühne in der Werkstatt. 
Ein echtes Highlight ist auch die in rotem, zeitgenössischem Leder bezogene Innenausstattung, für die Tino Schneidenbach verantwortlich ist. Das kräftige Rot steht in tollem Kontrast zum taubenblauen Blech. Nimmt man auf den sportlichen Speedster-Sitzen Platz, streift die Simpson-Renngurte über und legt die Hände auf das 420-mm-Nardi-Holzlenkrad, fällt der Blick sofort auf den originalen Tacho und Drehzahlmesser aus dem 2000 GS Carrera 2 – das Nonplusultra für jeden Porsche-Fan.
Um nicht nur den Liebhabern klassischer Porsche den Mund wässrig zu machen, war jetzt der richtige Augenblick gekommen. Aaron wollte seinen Porsche szenetauglich machen, ohne die originale und frisch restaurierte Substanz des Wagens zu beschädigen. Um aufzufallen, ist eine massive Tieferlegung allerdings unumgänglich.

Static und Air

Unser Schrauber entschied sich dafür, die Hinterachse traditionell durch das Versetzen der Schwerter auf den Drehstäben – Static – tieferzulegen. Für vorne gab es GameChanger von null-bar. Bilstein-Dämpfer mit Contitech-Luftfedern sorgen hier für eine Höhenregulierung per Druckluft. Der Kompressor samt Lufttank, der dafür nötig ist, versteckt sich unter der vorderen Haube. Nun fehlten nur noch die passenden Räder. Hier wollte Aaron noch einmal ein dickes Ausrufezeichen setzen! Hierzu drehte man 15-Zoll-Radar-Wheels so weit ab, dass man die verbleibenden Sterne mit neuen Betten zu dreiteiligen 17-Zoll-Felgen verschrauben konnte. So entstanden Radar Custom Wheels in 5,5 × 17 ET0 und 7,5 × 17 ET0. Bezogen sind die abgefahrenen Einzelstücke mit 165/35er- respektive 185/35er-Nankang-Gummis. Die schmalen Stege der Felgensterne geben perfekt den Blick auf die riesigen Duplex-Aluminium-Bremstrommeln frei.


Hut ab! Aaron hat mit seinem Porsche 356 B ein mobiles Kunstwerk erschaffen, an dem sich sowohl Porsche-Puristen als auch die Tuning-Szene erfreuen kann.

Foto: Philipp Navratil

Porsche 356 B BT5 Coupé, Baujahr 1959 >>> Aaron Lunzenauer

Motor: 4-Zylinder-Boxer luftgekühlt, original 1582 ccm mit Slip-in-Kolben auf 1.720 ccm erweitert, bearbeitete Zylinderköpfe, Ventilsitze auf Übermaß gefräst, umgeschliffene
Originalnockenwelle, Kurbelwelle vom Porsche 356 C (verbesserte Ölversorgung), Solex-40/2-4-Vergaser, Zündverteiler von 123-Ignition, 100+ PS

Fahrwerk: Bundbolzen-Vorderachse, null-bar-GameChanger-Luftfahrwerk mit Bilstein-Stoßdämpfer vorne, hinten Bilstein-Dämpfer Static, ViAir-Kompressor und Lufttank versteckt unter der vorderen Haube verbaut

Rad/Reifen: Umbau von einteiligen 15-Zoll-Radar-Felgen auf dreiteilige Felgen in 5,5 × 17 ET0 vorne und 7,5 × 15 ET0 hinten, bezogen mit 165/35er-Nankangs vorne respektive 185/35er-Nankangs hinten

Karosserie: Porsche 356 B BT5 Coupé, Baujahr 1959 mit Brandschaden, Karosse komplett ausgebrannt, diverse Bleche aufgrund von Temperaturverzug ausgetauscht, Epoxy-Grundierung mit komplett neuem Lackaufbau, Lackierung in „Dove Blue" (Taubenblau L31), Outlaw-Badges am Motordeckel, lackierter Pegasus an den Kotflügeln

Interieur: 356er-Speedster-Sitze, Rückbank, Seitenverkleidungen und Armaturenbrettabdeckung mit rotem, zeitgenössischem Leder, 42er-Nardi-Holzlenkrad, originaler Porsche-Carrera-Tacho und Drehzahlmesser, Simpson-Renngurte

Bremse: originale Duplex-Aluminium-Trommelbremse vorne und hinten

Auspuff: Custom & Speed Parts 4in1 Mosquito für Porsche 356

Getriebe: originales Porsche-356-Getriebe (741) mit Sachs-Kupplung, komplett mit Neu-/NOS-Teilen aufgebaut

Danke an: Emmanuel Heinz, mein bester Freund und Kfz-Meister, bei dem der 356er oft auf der Bühne stand, Tino Schneidenbach für die Innenausstattung, Lackiererei Schäfer in Aue für den kompletten Lackaufbau, René „Siggi" Janousek für die Unterstützung