1 – 2 – 4 – 5 – 3

Faszination Fünfzylinder

31.03.2023 16:07 Uhr

Text: Peter Hintze I Fotos: Jan Bürgermeister

Fünf Zylinder, 294 kW/400 PS, 500 Nm, 3,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, optional bis 290 Stundenkilometer spitze: Mit dem RS3 will Audi die sportliche Spitze des Kompaktsegments neu definieren. Kann das gelingen? TUNING war mit der RS3 Limousine unterwegs.

Foto: Jan Bürgermeister

Der Audi RS3 ist eine Ausnahmeerscheinung. Wie ein Fels in der Brandung stemmt sich die neueste Generation des sportlichen Kompakten aus Ingolstadt gegen den automobilen Einheitsbrei. Die Erfolgsformel: 1 – 2 – 4 – 5 – 3. Die Zündfolge des mehrfach preisgekrönten 2,5-Liter-Fünfzylinders ist legendär, sein einzigartiger Sound Musik in den Ohren von Autofans aus allen Ländern. 400 PS und 500 Nm sind eine Ansage und lassen bereits auf dem Papier erahnen, wie viel Performance im adretten Sportback und der schicken Limousine mit Allradantrieb quattro stecken. Dazu packen die Ingolstädter noch den RS Torque Splitter, der sogar Drifts erlaubt.

Papier ist hierbei ein gutes Stichwort. Denn günstig ist die in Pythongelbmetallic lackierte Audi-RS3-Limousine nicht. Im ersten Jahresdrittel riefen die Ingolstädter noch 62.000 Euro für die Basisausstattung auf. Anfang Oktober 2022 wies der Onlinekonfigurator der Marke mit den vier Ringen schon einen Preis von 64.000 Euro aus. Mit ein paar Extras – wie bei der getesteten Audi-RS3-Limousine – kommt schnell ein stolzes Sümmchen zusammen. In Worten: einundachtzigtausendsiebenhundertvierundsiebzig Euro und neunundneunzig Cent. Da muss man durchschnaufen. Der aufgerufene Preis reiht sich aber in den der anderen Premiumhersteller ein. Keine Frage: Der leistungsstärkste Vertreter der A3-Familie, mittlerweile in dritter Generation als RS3 Sportback und in zweiter Generation als RS3 Limousine erhältlich, hat Fans. Und ich bin auf dem besten Weg dazu, ebenfalls einer zu werden. Beim Stopp zum Fotoshooting im Schwarzwald raunt mir der Pächter einer Tank- und Raststätte zu: „Hey, das ist doch der neue RS3. Tolles Auto, krasse Farbe. Fährt sich bestimmt gut ..." Tut er. Doch dazu später mehr.

Foto: Jan Bürgermeister

Designtechnisch gibt sich der neue RS3 dynamischer und kraftvoller als sein Vorgänger. Breite RS-Stoßfänger, Singleframe mit Wabengitter und große Lufteinlässe prägen das athletische Erscheinungsbild des sprintstarken Ingolstädters. Vorne breit, hinten schmal: Hinter den ausgestellten Kotflügeln sorgt ein angedeuteter Luftauslass für Motorsportoptik. Unserem Testwagen hat Audi die optionalen Matrix-LED-Scheinwerfer spendiert. Eine gute Investition für den Durchblick. Flache, keilförmige LED-Scheinwerfer und LED-Heckleuchten mit dynamischem Blinklicht sind Serie. Ebenfalls aus der Extraliste stammen die schicken 5-Ypsilon-Speichen-Räder. Umhüllt sind die 19-Zöller vorn von 265er- und hinten von 245er-Schlappen. Durch die Motorsporträder schauen wir auf die mächtige RS-Keramikbremsanlage mit in glänzendem Anthrazitgrau lackierten Sätteln. Letztere ist Bestandteil des RS-Dynamikpakets Plus. Es kostet 6.500 Euro und beinhaltet neben der erwähnten Keramikbremsanlage ein adaptives Fahrwerk mit Audi drive select inklusive Dämpferregelung (DCC). Zusätzlich gibt's etwas mehr Tiefgang und eine Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf atemberaubende 290 Stundenkilometer. Nur Fliegen ist schöner ... Ein Blick aufs Heck: Eine echte Augenweide sind der neu gestaltete RS-spezifische Heckstoßfänger mit integriertem Diffusor und die RS-Abgasanlage mit je einem großen ovalen Endrohr links und rechts. Schwarz glänzende Exterieurumfänge, etwa der dezente Spoiler auf dem Kofferraumdeckel, runden das Gesamtbild ab. Genug der einleitenden Worte: Wir wollen fahren ...

Foto: Jan Bürgermeister

Der Innenraum präsentiert sich gewohnt sportlich. Das unten abgeflachte Sportlenkrad mit wertigen Schaltpaddels liegt gut in der Hand. Einen guten Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort stellen die Vordersitze dar. Sie spenden bei der Kurvenhatz über Schwarzwaldstraßen guten Seitenhalt, sind aber gleichzeitig langstreckentauglich. Wer regelmäßig auf die Rundstrecke will, bedient sich im Aftermarket. Nette Spielerei: Das Audi virtual cockpit plus, Serie beim RS3, bildet die Drehzahl im sogenannten RS-Runway-Design ab. Auf zwei Säulen werden die Werte, grafisch ähnlich der Start- und Landebahn eines Flugzeugs, in umgekehrter Richtung dargestellt. Zusätzlich hat der Fahrer G-Kräfte, Rundenzeiten und Beschleunigungswerte im Blick. Ich mag nach wie vor lieber klassische Rundinstrumente. Doch auch die lassen sich konfigurieren. Ein cooles Gimmick ist die Schaltblitzanzeige im manuellen Modus. Sie ist ins Head-up-Display, ebenfalls Teil der Sonderausstattung unseres Testers, integriert. Wer mehr Infos braucht, greift mittels Touchdisplay auf den RS-Monitor zu. Dort lassen sich die Temperaturen von Kühlmittel, Motor- und Getriebeöl sowie die G-Kräfte und Reifendrücke ablesen.

Foto: Jan Bürgermeister

Einzigartig im Segment und emotional zugleich ist der 2,5-Liter-TFSI. Eine Abgasanlage mit vollvariabler Klappensteuerung setzt den Fünfzylindersound potent in Szene. Ich liebe das Klangorchester. Das 294 kW/400 PS starke Triebwerk mit einem maximalen Drehmoment von 500 Nm pusht den Testwagen zu Höchstleistungen. Das Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe schaltet dabei wie ein Uhrwerk. In nur 3,8 Sekunden katapultiert sich unser Tester auf Tempo 100. Das ist Supersportwagenniveau. Dank RS-Dynamikpaket Plus endet der Vortrieb erst bei 290 Stundenkilometern. Doch die „artgerechte Haltung" hat ihren Preis. Der Bleifuß im RS3 kostet gut und gerne 13 bis 14 Liter Super Plus. Und das bei 55 Litern Tankinhalt. Regelmäßige Besuche an der Zapfsäule sind daher Programm.

Ein wahrer Quell der Freude ist der RS Torque Splitter. Er erhöht bei sportlicher Fahrweise das Antriebsmoment auf das jeweils kurvenäußere Hinterrad. Das reduziert beim RS3 die Neigung zum Untersteuern deutlich. In Linkskurven überträgt der Torque Splitter das Antriebsmoment auf das rechte hintere Rad, in Rechtskurven auf das linke und beim Geradeausfahren auf beide Hinterräder. So macht das Kurvenräubern richtig Spaß.

Foto: Jan Bürgermeister

Von komfortbetont und verbrauchsoptimiert über ausgeprägt sportlich und dynamisch bis hin zu rennstreckenspezifisch: Sieben Audi-drive-select-Modi beeinflussen neben dem Torque Splitter auch die Motor- und Getriebeapplikation, die Lenkunterstützung, die adaptiven Dämpfer und die Abgasklappen. Der Modus RS Performance ist speziell für die Rundstrecke ausgelegt, RS Torque Rear ermöglicht sogar Drifts. Letztere aber bitte immer abseits des öffentlichen Verkehrsraums.
Zwei Wochen hinter dem Steuer des RS3 vergehen wie im Flug. Und am Ende gebe ich nur ungern den Schlüssel wieder her und hoffe, dass der Fünfzylinder noch lange erhalten bleibt.

Fazit:

Das Leben kann so einfach sein: Man nehme einen bärenstarken Fünfzylinder und kombiniere diesen mit kraftvollem Design und überragender Fahrdynamik ... Das war und ist das Erfolgsrezept des Audi RS3. Die aktuelle Generation bietet eine tolle Performance. Lediglich der Preis und der Spritverbrauch trüben die nahezu makellose Gesamtbilanz.

Technische Daten

Audi RS3 Limousine >>> Modelljahr 2022

Motor: 2,5-Liter-TFSI, turboaufgeladener Reihenfünfzylinder mit 294 kW (400 PS) bei 5.600–7.000 U/min, Ottopartikelfilter, Euro 6d-ISC-FCM, permanenter Allradantrieb quattro, RS Torque Splitter, 7-Gang-S tronic

Karosserie: Lackierung in Pythongelbmetallic, Optikpaket Schwarz plus, Matrix-LED-Scheinwerfer, LED-Heckleuchten und Scheinwerferreinigungsanlage, Privacy-Verglasung, RS-Exterieur-Umfänge in Schwarz glänzend, RS Dynamikpaket Plus*

Interieur: Sportsitze mit RS-Logo vorn, Sportkonturlederlenkrad, 3-Speichen, unten abgeflacht mit Multifunktion plus und Schaltwippen, Sitzheizung vorn, Drei-Zonen-Komfortklimaautomatik, Vier-Wege-Lendenwirbelstütze für die Vordersitze, Audi Connect Navigation & Infotainment plus, Audi Connect Schlüssel, Audi Phone Box, Audi Smartphone Interface, Audi Soundsystem, Dekoreinlage und Akzentflächen in Carbon Atlas matt, Head-up-Display, MMI Navigation plus mit MMI Touch, Rückfahrkamera

Fahrwerk: McPherson-Federbeinachse vorn, Vierlenkerhinterachse, adaptives Fahrwerk mit Audi drive select inklusive Dämpferregelung (DCC)*

Rad/Reifen: 5-Y-Speichen in Mattschwarz in 9 J × 19″ | 8 J × 19″ mit Bereifung 265/30 ZR 19 | 245/35 ZR 19

Bremsen: RS-Keramikbremsanlage* mit Bremssätteln in Anthrazitgrau glänzend, Diagonal-Zweikreisbremssystem mit ESC/ABS/EBV, Bremskraftverstärker, hydraulischer Bremsassistent, Bremsscheibendurchmesser vorne/hinten in mm: 375/310

Auspuff: RS-Sportabgasanlage mit vollvariabler Klappensteuerung

Beschleunigung: Vmax 250 km/h (abgeregelt), optional 290 km/h*, Beschleunigung 0–100 km/h: 3,8 Sekunden

Verbrauch: Kraftstoff Benzin (98 Oktan), Verbrauch innerorts/außerorts/kombiniert nach NEFZ in l/100 km: 11,6–11,1/7,0–6,5/8,7–8,2, Testverbrauch: 13,4 Liter

Preis: Basispreis: 62.000 Euro, Testwagenpreis: 81.744,99 Euro