VW Caddy (2K) 1.9 TDI, Baujahr 2005

Wenn Facelift, dann richtig

29.07.2022 17:08 Uhr

Text: Nick K. Hofmeister I Fotos: Andreas Werner

In seiner mehr als elfjährigen Bauzeit ist Jans Caddy-Umbau ziemlich eskaliert. Heute liegt dieser knallig grüne Hochdachkombi stilvoll auf dem Boden und dank dickem VR6 aus einem VW Eos ist er einfach mega.

Fahrwerk? Felgen? Folie? Kann man machen, muss man aber nicht. „Gut Caddy will Weile haben!" Und so schraubt Jan Kaiser bereits eine halbe Ewigkeit an seinem Lastesel. Vor dem Nutzfahrzeug hatte der Berufsfeuerwehrmann ein kleines Handicap: Er musste nach dem Verkauf seines fahrbaren Untersatzes ein wenig länger als geplant mit öffentlichen Verkehrsmitteln pendeln. Nicht wirklich das Wahre. Denn bei so manchem Nahverkehrsbetrieb kommt leider immer etwas dazwischen. Nein, ich will nicht auf dem x-ten Kabelbrand in Schleswig-Holstein bei der Bahn herumreiten. Viel nerviger ist einfach die Tatsache, dass man unschuldig und überpünktlich morgens im Halbschlaf am Bahnsteig steht und der Zug ausfällt. Selbst Durchsagen wie „Ein Lokomotivführer erkrankte unvorhergesehen!" sorgen für kein Schmunzeln mehr. Na ja, die Fahrten im oder viel mehr die Verspätungen und Ausfälle im öffentlichen Nahverkehr nutzte Jan dazu, nach einem Volkswagen als neuem Alltagsauto zu fahnden, was in der Tuningszene eher selten anzutreffen ist. Irgendwie fiel die Wahl dann auf einen Caddy. „Das ist ein Auto, das mir nicht ständig auf den Treffen über den Weg lief. Mein bester Freund meinte, dass ich ihn nur auf den Arm nehmen will", erinnert sich Jan. Wer TUNING und VW SPEED liest, weiß, was für ein Potenzial in einem Caddy steckt, selbst in so modernen Familien-Lasteseln wie Jans 2005er-Hochdachkombi.

Foto: Andreas Werner

Im Winter 2010 stieß Jan in verschiedenen VW-Caddy-Foren immer wieder auf verrückte Projekte, bei denen verschiedene Schrauber ihrem 2K-Modell eine Touran-Front verpassten. Über die nächsten Monate kaufte der Feuerwehrmann dazu sämtliche Komponenten und karrte alles vor die Garage eines Freundes. Dort wurde die Schönheitsoperation durchgezogen. Ein KW-Gewindefahrwerk später hätte der zum Touran gefaceliftete Caddy eigentlich so bleiben können. Aber im Winter 2011/2012 folgte noch mehr. Die Zierleisten und die übergroßen Außenspiegel mussten weichen. An Bord kamen eine Heckschürze und Seitenschweller von Ingo Noak Tuning. Aber die Teile in Silber zu lackieren, war dann auch nicht das Wahre. „Ich suchte nach einer neuen Farbe und zeigte meinem Großvater Lackkarten in Blutrot und Giftgrün; mein Opa meinte, dass es viel zu viele rote Autos gäbe und Grün einfach die bessere Farbe wäre." Wie recht Jans Opa hat. 2012 wurde der Caddy dann in ein knalliges Grashopper-Green von Opel gehüllt. Ein Grün, das viel mehr knallt als das Vipergrün aus Wolfsburg. Bis auf ein paar Räderwechsel blieb es dann einige Jahre still um den Caddy. Erst 2015 gab es wieder etwas Abwechslung. „Mir gefiel das Heck vom Golf 5 R32 schon immer ganz gut, vor allem durch die beiden mittigen Endrohre", erzählt Jan. Die Heckschürze wurde für die R32-Look-Auspuffanlage von ENCO aus Chemnitz umgebaut und das Touran-Facelift wurde mit neuem Touran-R-Line-Kühlergrill nebst Gitter aufgemöbelt.

Aus nackig wird knackig

Jans Caddy war damals beim Kauf eher ein Mittel zum Zweck und dementsprechend war von Life- und Drive-Style bei dem Hochdachkombi nicht viel zu sehen und zu spüren. Im Grunde hörte die Innenausstattung seines gebraucht gekauften 1,9er-TDI-Caddy an der B-Säule auf. Die alten hellgrauen und zweckmäßigen Kunststoffteile verschwanden. Dafür hat Jan mit der gesamten VW-Caddy-Roncalli-Innenausstattung ordentlich aufgemöbelt. Aus den hellgrauen Verkleidungen wurden anthrazitfarbene Abdeckungen und ein Sattler durfte sich im Innenraum verwirklichen. Beim Fachbetrieb Silverado in Zwickau kam Alcantara mit grünen Ziernähten an Bord. Es folgte ein G-Ride-Airride-Fahrwerk und weiter ging es mit jeder Menge Upgrades im Innenraum. Lüftungsdüsen eines Audi A3 und Scirocco-Zusatzinstrumente schmücken seitdem das Caddy-Armaturenbrett. Das klobig wirkende Caddy-Lenkrad wich einem sportlicheren GTI-Lenkrad. Schick anzuschauen sind auch der Lichtschalter aus einer VW-Highline-Ausstattung und die Klimabedienknöpfe aus einem US-Jetta. Die in der Zwischenzeit aus einem Golf GTI nachgerüsteten Sportsitze wichen noch sportlicheren Modellen: elektrisch einstellbaren VW-Passat-R36-Sitzen. „Aber der Fond war immer noch eine Katastrophe", erinnert sich Jan. „Sattler Stanislaw baute mir aus einer Rückbank vom Caddy Alltrack und der Rücksitzbank eines Passat R36 meine Rückbank. Ein echtes Unikat." Die in der Zwischenzeit gekauften OZ Racing Crono 3 in 8,5 x 20 Zoll sind zwar schön anzuschauen, aber durch die feinen Leichtmetallräder bekam Jan das kalte Grausen. Die Serienbremse des 1,9er-TDI wirkte wie Spielzeug. Abhilfe fand man mit der Bremsanlage vom Golf 6 R und Audi TT RS.

Foto: Andreas Werner

„Da durch die Coronapandemie die Treffen 2020 reihenweise ins Wasser fielen, sammelte mein Caddy nur wenige Kilometer. Deshalb passierten auch nur Kleinigkeiten wie der rahmenlose Golf-7-Innenspiegel und ein paar Instandhaltungsarbeiten." Durch die lange Treffen-Abstinenz wurden die Pläne zu einem großen Motorumbau immer konkreter. Zunächst war da noch die Idee, einen 2.0 TFSI einzubauen und den Serienturbolader gegen ein großes K04-Kit zu ersetzen. Aber Corona war ja da und seitdem sind die Lieferketten unterbrochen und die Lieferzeiten ziehen sich bei vielen Unternehmen ins Unendliche. Im Sommer 2020 meldete sich Jan bei Big Wheelers Engineering und erkundigte sich nach einem Kostenvoranschlag für einen maßgefertigten TFSI-Kabelbaum und Co. für seinen Caddy. „Fernando meinte aber, dass bei der Caddy-Innenausstattung doch ein Sechszylinder aus einem VW Eos viel besser passen würde", so der Schrauber. „Ich überlegte nur kurz und verkaufte den TFSI und konnte einen 3.6-Liter-V6-Motor mit sehr wenig Laufleistung ergattern. Zusammen mit dem neuen DSG und den restlichen Teilen brachte ich den Caddy im Herbst 2020 zu Fernando und ließ den Motor einbauen. Damit wir Platz für die Sechszylinder-Ansaugung hatten, wanderte die Batterie in den Kofferraum." Anschließend musste nur der DSG-Wahlhebel des Golf 6 GTI ED35 an den Caddy angepasst werden und die R-Line-Pedale kamen an Bord. Nun herrscht erst einmal ein wenig (Schrauber¬-)Ruhe am Caddy. Fragt sich nur, wie lange.

Foto: Andreas Werner

Jan Kaiser, VW Caddy (2K) 1.9 TDI, Baujahr 2005

Motor: 1.896-ccm-Reihenvierzylinder-Turbo mit 77 kW (105 PS); Motorumbau auf 3,597 ccm VR6 (CDVA) aus VW Eos 3.6 V6 FSI mit 191 kW (260 PS) inkl. aller Nebenaggregate, Wasserkühler ...

Auspuff: Eigenbau-Edelstahl-Auspuffanlage ab Kat von ENCO in VW-Golf-R32-Optik

Fahrwerk: G-Ride-Luftfahrwerk

Getriebe: Sechs-Stufen-Direktschaltgetriebe

Rad/Reifen: OZ-Crono-3-Leichtmetallräder in 8,5 x 20 Zoll ET45 mit 235/30R20-Reifen

Bremse: Golf-6-R-Bremsanlage (vorne) mit 345-mm-Bremsscheiben und Audi-TT-RS-Bremsanlage (hinten) mit 310-mm-Bremsscheiben

Karosserie: Facelift-Frontumbau auf Touran (1T2), Facelift mit ED30-Schürzenansatz von SRS-TEC; Eigenbau-Außenspiegel mit Golf-5- und Caddy-Komponenten; Ingo-Noak-Tuning-Seitenschweller und -Heckschürze mit Golf-R32-Einsatz; hintere Radläufe gezogen; modifizierte Schiebetürschienen; Komplettlackierung in Opel-Grasshopper-Green

Interieur: Passat-R36-(3c)-Sitze und Eigenbau-Rücksitzbank mit Komponenten vom Caddy Alltrack und Passat R36 (3c); nachgerüstete Caddy-Roncalli-Innenverkleidung mit Alcantara bezogen; modifiziertes Golf-7-GTI-Lenkrad, GTI-Edition-35-Wahlhebel, rahmenlose Golf-Innenspiegel; Touran-Mittelkonsole, Audi-A3-Lüftungsdüsen, Touran-Tacho und Scirocco-Zusatzinstrumente, US-Jetta-Klimabedienelemente; diverse Kunststoffelemente in Wagenfarbe lackiert, diverse grüne Ziernähte

Danke: Stanislaw von Sattlerei Silvera, Tomcartex, Markus Krawez, Freundin Tina, Mezelchen und dem Rest vom Touran24 Forum; Big Wheelers Engineering