19.01.2022 13:05 Uhr

Fotos: Jan Bürgermeister I Text: Nick K. Hofmeister

Honda S2000

Serie, aber nur fast

Seit Jahren warten viele Fans auf einen Nachfolger des legendären Honda S2000. Auch wir von TUNING ... Wie kaum ein anderer Roadster eroberte der hochdrehende Honda von 1999 bis 2009 die Szene und verdrehte vor allem der britischen und US-amerikanischen JDM-Szene den Kopf.

Der Hype nahm damals kein Ende. Kurz nach dem Marktstart hatte bereits jeder große Tuner aus Japan das volle Programm an Zubehör. Nur hierzulande sah die Szene in die Röhre: Um ein Teilegutachten machte die japanische Industrie um GReddy Racing, HKS, Powerhouse Amuse, Spoon, Top Secret, Veilside und andere einen großen Bogen. Irgendwie hatten Spoon-Mastermind Tatsuru Ichishima und Co. den richtigen Riecher. In Deutschland blieb der Honda S2000 damals ein echter Geheimtipp. Keine 5.000 Exemplare sollen damals zwischen Flensburg und Garmisch-Patenkirchen zugelassen worden sein. Wer heute wie Karosseriebaumeister David Thurik aus Ravensburg einen Honda Roadster sucht, muss sich in Geduld üben. Es gibt sie meist nur bei Liebhabern zu kaufen. Die Zeiten, in denen ein S2000 in gutem Zustand für unter 15.000 Euro im Originalzustand den Besitzer wechselte, sind lange vorbei. Alles, aber wirklich alles, was irgendwie ein besonderes Automobil ist, wird zu immer exklusiveren Preisen gehandelt. Und ein Honda S2000 ist etwas ganz Besonderes.

Foto: Jan Bürgermeister

Rarer Kult: S2000

Vor über drei Jahren gönnte sich David den S2000. Er hatte dabei das Glück, seinen Roadster fast im Serienzustand zu finden. Sein AP1 aus dem Baujahr 2002 bot eine ausgezeichnete Grundsubstanz für seinen geplanten Umbau. Dabei kam der gelernte Karosseriebaumeister nicht nur allein durch den elterlichen Betrieb und den regelmäßigen Besuch von Tuning-Messen auf den JDM-Spleen. „Es lag wohl eher an Need for Speed", erinnert sich der 24-Jährige. „Irgendwie habe ich damals als Kind schon vor dem Rechner meine ersten Autos getunt. Aber so echte Projekte hatte ich noch nie. Meist nur so Standardsachen wie Felgen und Auspuff." Irgendwann stand ein Kunde mit einem BMW E36 zum Vermessen in der Werkstatt. David und BMW-Fahrer Vincenz kamen ins Gespräch. Die beiden wurden Kumpels und fingen an, zusammen zu schrauben. „Ich kam so immer mehr mit der Szene in Kontakt und wir fingen an unseren Autos an, auch Gewindefahrwerke und Luftfahrwerke einzubauen. Aber erst durch den Honda S2000 ging es so richtig los." Schon auf der Heimfahrt mit dem unterschriebenen Kaufvertrag orderte David ein Luftfahrwerk für seinen S2000. Auf jeden Fall sollte der Honda ein wenig anders wie die üblichen Verdächtigen werden. Ein Powerhouse-Amuse-Breitbau stand auf jeden Fall nicht auf der To-do-Liste. Da ist er wohl in den vergangenen Jahren allzu vielen Liberty-Walk- und Rocket-Bunny-Projekten begegnet?

Serie, aber nur fast

David ließ das Drehorgelwunder unter der langen Motorhaube, den legendären F20C-Zwo-Liter-Vierzylinder mit 240 Sauger-PS, unangetastet. Zwar sind die 208 Nm nicht gerade viel. Dafür liefert der Motor ein Drehzahlband, das scheinbar bis in die Unendlichkeit dreht. Zwischen 5.800 und 9.000 Umdrehungen schreit der Vierzylinder so böse, dass man seinen Ohren kaum traut. Noch böser wird der Motorsound in Verbindung mit einer HKS-Ansaugung. Es macht schon ziemlich traurig, dass man heute so kaum noch reine Saugmotoren ohne Zwangsbeatmung kaufen kann. Einer der Gründe, warum 2009 der S2000 eingestellt worden ist, soll unter anderem in den immer schärfer werdenden Abgasnormen zu suchen sein. Seitdem lechzt bekanntlich die japanische Roadster-Fangemeinde nach einem Nachfolger des S2000. Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass Honda einen Nachfolger plant, und manchmal springt sogar die Automobilpresse rund um „auto motor und sport" & Co. auf den Hype-Zug auf und scheint ganz genau zu wissen, wie der Nachfolger aussehen wird.

Foto: Jan Bürgermeister

Davon will David lieber gar nichts wissen und macht da eher sein eigenes Ding. Im Winter 2018 wurde die gesamte Roadster-Karosserie von David in seine Einzelteile demontiert und zu einem Lackierer aus dem Freundeskreis gekarrt. Bevor die Farbpistole geschwungen wurde, bearbeitete David nochmals fachmännisch die Radhäuser. Die Innenradhäuser wurden angepasst, genauso die Kotflügelkanten und auch die Frontschürze. Die unschönen Scheibenwischerdüsen cleante David und verschönerte dafür die zeitlose Roadster-Karosse mit dezenten Aerodynamikkomponenten wie etwa Schwelleransätzen und einer Frontlippe. Auch am Heck machte er sich zu schaffen und modifizierte die Schürze für seinen Umbau auf einen HKS-Endschalldämpfer. „Ich wollte die Lackierung und die Farbe auffrischen und wusste aber immer noch nicht ganz genau, welche Farbe am Ende das Rennen machen wird", erinnert sich der Ravensburger. „Mein Vater fuhr einen Porsche Probe und der war kreidefarben lackiert. Dieser Porsche-Lack hat es mir am Ende angetan." Auch in den etwas dunkler angemischten Porsche-Kreide-Lack wurden das Kohlefaser-Hardtop von Seibon sowie die Carbonaußenspiegel von APR gehüllt.

Warum mit Carbon klotzen, wenn man es auch verstecken kann?

David ist eher ein Fan von dezenten Umbauten. So ist es auch kein Wunder, dass seine konkaven Felgen von Enkei im klassischen Vielspeichendesign gehalten sind. Rundum messen sie 10,5 x 18 Zoll. Damit die Räder überhaupt so brutal in den bearbeiteten Radhäusern eintauchen können, hat David den Sturz mit einstellbaren Achsschenkeln von JAP SPEED maximal bearbeitet. Ihm gefällt einfach dieser radikale Stance-Auftritt im Hella-Flush-Style der Räder. Egal ob an der Vorderachse oder Hinterachse – die Felgenhörner der Enkeis liegen tatsächlich an den Kotflügelkanten an! Eigentlich wollte David zum Fotoshooting schon eine neue Bremsanlage montiert haben, aber das klappte nicht. „Ich habe mir für die Vorderachse eine K-Sport-Anlage bestellt, aber es noch nicht geschafft, sie zu montieren", so der Karosseriebaumeister. „Aber da kommt noch mehr." Dass da noch mehr geplant ist, verrät schon einmal das Interieur. Das Nardi-Holzlenkrad lässt uns heute schon viel erahnen und da David vorerst noch nichts in Richtung Race-Optik vorhat, sind wir richtig neugierig, was er da genau plant.

Foto: Jan Bürgermeister

David Thurik, Honda S2000 (AP1), Baujahr 2002

Motor: 1.977-ccm-Reihenvierzylinder (F20C) mit 170 kW (241 PS), HKS-Ansaugsystem

Auspuff: Eigenbau-Abgasanlage mit HKS-Endschalldämpfer

Karosserie: Kotflügelkanten und Seitenwandkanten bearbeitet und umgelegt, Wischerdüsen in Frontschürze gecleant, Heckschürze auf Einrohrauspuffaussparung umgebaut, Seitenschweller, APR-Carbonaußenspiegel, Seibon-Kohlefaser-Hardtop, Frontlippe, Seitenschwelleransätze, Kofferraumspoiler, Komplettlackierung in Porsche-Farbe Kreide (M9a)

Fahrwerk: Airlift-Luftfahrwerk mit JAP-SPEED-Querlenkern und -Stabis, Carbondomstrebe

Rad/Reifen: Enkei-RS-Leichtmetallfelgen in 10,5 x 18 Zoll ET25

Interieur: Nardi-Sportlenkrad mit hölzernem Kranz, NRG-Nabe, Airride-Steuerung in Mittelkonsole eingearbeitet, rot lackierter Lufttank und Kompressor im Kofferraum

Dank an: Vincenz Lang