Audi R8, Baujahr 2015

Mehr als Räder, Big Wing und Tiefgang

23.06.2022 16:24 Uhr

Text: Ben Planz I Fotos: André Neudert

Die Zeiten, in denen es unfassbar gewesen wäre, einen Audi R8 in der Szene zu erblicken, sind schon seit einer Weile vorbei. Auch wenn es natürlich immer noch mehr Gölfe gibt: Man muss auch mit einem R8 ein bisschen was machen, damit man heraussticht. Das war auch Christian Bayreuther klar. Schaut euch die Fotos in diesem Artikel an. Selbst ein Laie erkennt direkt, dass dieser Wagen in die Mangel genommen wurde. Räder, Big Wing und Tiefgang mal ganz beiseite: Allein die extrem knallige Folierung schreit schon aus 100 Metern Entfernung laut: „Hey, ich bin ein krasser R8!" Christian ist jedoch nicht als Sportwagenbesitzer auf die Welt gekommen. Also fangen wir vorne an.

In den richtigen Kreisen

Christian kam schon früh mit dem Thema Auto in Berührung. Und zwar nicht nur in Form eines alltäglichen Fortbewegungsmittels. Sein Vater war früher im Rallyesport aktiv, und im Bekanntenkreis der Familie tummelten sich damals etliche Erwachsene mit modifizierten Fahrzeugen. „Ich erinnere mich zum Beispiel an einen umgebauten Ur-Quattro, der mich 1997 im zarten Alter von acht Jahren mit seinen knapp 350 PS schon sehr beeindruckt hat", blickt Christian zurück. „Für den Besitzer des Wagens baue ich aktuell einen Audi 200 mit knapp 1.100 PS. So schließt sich der Kreis." Sein erstes Auto war relativ unspektakulär. Doch der Opel Corsa B 1,0 Liter mit 45 PS, den Christian sich während seiner Schulzeit mit Nebenjobs erarbeitet hatte, brachte ihn von A nach B. Zumindest bis zu dem Tag, an dem der Wagen seinen Geist aufgab. „Weil die Karre nach meiner Ausbildung die Hufe hochgerissen hat, musste ich mir einen Fiat kaufen. Abwrackprämie sei Dank", erinnert sich der leidenschaftliche Schrauber. Der Corsa sollte das einzige Auto in Christians Story bleiben, das im Serienzustand bewegt wurde. Und es folgten viele. VW Golf 6 GTI, Audi RS4 B7, Audi TTRS 8J, Audi RS2, Audi S6 ... Die Liste seiner „Verflossenen" ist lang. Alle wurden umgebaut. „So kam es, dass ich mich 2016 entschlossen habe, meine eigene Firma zu gründen. ‚Franken-Performance' war geboren. Seitdem biete ich das an, was mir schon eh und je Spaß gemacht hat: Tuning. In circa 80 Prozent der Fälle geht es um Leistungssteigerungen. Aber auch Fahrwerke, Abgasanlagen und komplette Motorumbauten sind mit dabei", verkündet Christian stolz. „Ich stecke da viel Herzblut rein und ich denke jeder, der schon einmal da war, weiß das auch!" So ein Betrieb benötigt natürlich ein Aushängeschild, eine rollende Visitenkarte sozusagen. Dass der R8 dazu wurde, war Folge einer Verkettung von Ereignissen. „Ich habe meinen doch sehr geliebten Audi RS2 in Nogaroblau in die USA verkauft. Das Ziel war, das Mietshaus zu kaufen, in dem ich aufgewachsen bin", erzählt uns Christian. Leider ergab sich die Situation, dass der Kauf nicht klappte, der RS2 aber schon weg war. Also musste etwas Neues her. „Der R8 war schon immer die Speerspitze von Audi und ich habe dann die Chance ergriffen und mir den Wagen gegönnt", berichtet der Mann aus Naila stolz. „Der R8 ist an sich ein wunderschönes Auto. Aus der Sicht eines Tuners fällt einem dann doch die eine oder andere Sache auf, die man gerne verändern möchte." Was Christian dann natürlich auch tat ...

Foto: André Neudert

Dass der Audi tiefer musste, stand für Christian von Anfang an außer Frage. „Von vielen R8-Fahrern erntet man sicherlich entsetzte Blicke, wenn man ein Luftfahrwerk in so ein Auto bauen möchte. Aber ich baue ja nach meinen Vorstellungen", begründet der Tuner seine Fahrwerkswahl. Standesgemäße Räder durften nicht fehlen. Und wie euch sicher allen schon aufgefallen ist, ziert ein nicht gerade dezenter Big Wing das Heck des Boliden. „Ich hatte bei einem Audi TT RS 8J, der ja gefühlt der kleine R8-Bruder ist, auch schon einen etwas größeren Flügel verbaut und so musste auch für den R8 einer her", begründet Christian den Schritt. Die Vollcarbon-Blade steht auf CNC-gefrästen, hochfesten Aluminiumfüßen und wurde in theoretischen Berechnungen für Fahrgeschwindigkeiten über 320 Stundenkilometer ausgelegt. Und das Beste daran: Das Teil sieht auch noch mächtig gut aus und passt genau zum lauten Auftritt des R8. Alle vorgenommenen Maßnahmen treten natürlich einen Schritt zurück, wenn man die Folierung betrachtet. „Das Design kam tatsächlich nicht von mir. Auch die Ideen nicht", gibt Christian offen zu. Er ließ dem TTStudio.ru volle Handlungsfreiheit. Nicht seine Baustelle. Das Fahrzeug wurde durch die Firma Folien-FX im August 2021 in Digitaldruck komplett foliert. Das Ergebnis ist wie gewünscht: eine auffällige Visitenkarte für Franken-Performance.

Foto: André Neudert

Doch Christian hat sein Pulver noch nicht verschossen. Die Motorhaube wird für die kommende Saison erneut umgestaltet und für 2023 steht ein anderes, noch extremeres Design an. Doch es tut sich noch mehr. „Da ich wie mein Freundeskreis auch ein Fan von hart aufgeladenen Motoren bin, habe ich noch einen Audi S6 C4 20V Turbo, der mittlerweile von einem GTX35-Garrett-Lader betrieben wird und knapp 700 PS mit Straßenzulassung leistet", verkündet Christian. „Ich werde in der Zukunft weitere Projekte starten und auch bereits bestehende weiterführen. So wird es beim R8 auf jeden Fall noch einiges an Leistung dazu geben. Ob in Form eines Kompressors oder eines Bi-Turbo-Umbaus steht noch nicht ganz fest." Man merkt schon, wieso der Gute bei Instagram „Doktor_Druck" heißt ...

Foto: André Neudert

Audi R8, Baujahr 2015 >>> Christian Bayreuther

Motor: 5,2 l V10 FSI, auf 610 PS optimiert

Fahrwerk: Luftfahrwerk (Einzelanfertigung) mit Komponenten von AirLift Performance

Exterieur: Big Wing aus Vollcarbon mit CNC-gefrästen, hochfesten Alufüßen, Vollcarbon-Seitenschweller. Digitaldruck-Folierung

Felgen/Reifen: Vossen HF3 9 x 20 Zoll (ET 32) mit 235/30R20 Hankook Ventus S1 Evo (VA), Vossen HF3 10.5 x 20 Zoll (ET 25) mit 295/25R20 Hankook Ventus S1 Evo (HA)

Interieur: In Carbon und Alcantara veredeltes originales Dreispeichenlenkrad mit roter Zwölf-Uhr-Markierung