Mazda MX-5 (NA), Baujahr 1989

Roadster-Kult aus Fernost

02.06.2022 14:08 Uhr

Text: Nick K. Hofmeister I Fotos: Peter Herforth

Wie süß! Kulleraugen und Klappscheinwerfer. Pinkes Blech und eine knuffige Figur. Ja, dieser Mazda MX-5 ist ganz nett und süß – bis Erik Kümmer seinem Roadster einfach die Luft abdreht. Dann liegt der kultige Klassiker auf dem Asphalt und präsentiert einen Stance, der schärfer als ein Katana ist.

Karren auf den Boden geknallt – das hat der Messtechniker schon zu seinen Golf-Zeiten gemacht. Damals war ein Golf 5 GTI das Mittel zum Zweck. Sein GTI zeigte sich mit einem extremen Stance und endlos langen Endrohren. Irgendwie versuchte Erik, dem Bōsōzoku-Lifestyle zu huldigen. „Mein Golf war aber kein Auto ,made in Japan' und dann kam ich auf die Idee, mir einen Mazda MX-5 zu kaufen", erzählt der gelernte Messtechniker.

Foto: Peter Herforth

Bōsōzoku – bis auf dass der TÜV euch scheidet

Bei Bōsōzoku handelt es sich im Grunde um eine japanische (Tuning-)Subkultur, bei der Mopeds, Motorräder und Autos grell frisiert werden. Die Auspuffanlagen sind dabei meist leer geräumt und so modifiziert, dass es eine helle Freude ist. Angefangen hat dieser Style bereits vor etwa 70 Jahren, und meist war es ein Ausdruck der jungen Wilden gegen das von Normen und Auflagen geprägte Leben im Land des Lächelns. Über die Jahrzehnte hat sich Bōsōzoku immer weiterentwickelt, und auch außerhalb Japans wird dieser Style durch Manga, Animes und Kinofilme immer bekannter. Es ist schon ein beeindruckendes Bild, wenn eine Rotte solcher Mopeds oder Autos bei Nacht durch Japans Innenstädte und Gewerbegebiete donnert. Da dabei jede Vorfahrt und Ampel missachtet wird, bekommt nicht nur die Rennleitung in Japan Schnappatmung. Nicht vorzustellen, was hierzulande los wäre ... Also nicht nachmachen. Lieber den eigenen Bōsōzoku-Style auf den Tuning-Treffen in Form eines schicken Autos zeigen.

Roadster-Kult aus Fernost

Als Ende der 1980er-Jahre der MX-5 auf den Markt kam, rettete der japanische Automobilhersteller Mazda in gewisser Weise das damals darbende Roadster-Segment. Mit seinem hochdrehenden 1,6-Liter-Vierzylindersauger, 115 PS Leistung, Heckantrieb und einem Kampfgewicht um 1.000 Kilogramm. Auch Erik gefiel der Roadster auf Anhieb. Schon als Kind hatte er immer einen MX-5 mit Klappscheinwerfern und roter Lackierung im Kopf. „Die Suche gestaltete sich aber in den letzten Jahren etwas schwierig. Die Fahrzeuge sind eben mittlerweile recht alt und nur noch schwer in gutem Zustand zu bekommen", erinnert sich Erik. Nach einer gefühlten Ewigkeit entdeckte er tatsächlich einen Roadster, der noch keine Airbags hatte, aber dafür elektrische Fensterheber. Eigentlich wie bestellt. Zwar sieht der eine oder der andere hierzulande die erste MX-5-Generation als Hausfrauen-Porsche an. Da kann man nichts machen und Erik ist das auch ziemlich egal. Der Mazda ist sein Auto und der leichte MX-5 war schon immer eine Spaßgranate, die auf kurvigen Landstraßen mehr Spaß macht als so mancher moderne Porsche mit seinen ganzen Assistenzprogrammen und Fahrhilfen.

Kindheitstraum trifft Stance

Es dauerte auch nicht wirklich lange, bis der MX-5 in Eriks Garage aufgebockt wurde, um ein Gewindefahrwerk einzubauen. Mit an Bord kamen Überrollbügel, dreiteilige Räder, Spoilerlippe, schicke Seitenschweller und immer mehr wie etwa eine Rocket-Bunny-Kofferraumabrisskante. Irgendwann folgten umgebaute Querlenker und andere Domlager. Am Ende hatte der Mazda bis zu 20 Grad Sturz und nur noch zehn Millimeter Bodenfreiheit – vorbei war's mit dem TÜV und Cruisen auf der Straße. „Ich habe dann den Wagen tatsächlich wieder auf Serie zurückgerüstet, bin zum TÜV gefahren und hatte das mit dem Mazda-Tuning eigentlich auf Eis gelegt", verrät Erik. „Nach nur kurzer Fahrzeit im Serienzustand und genauen Vorstellungen, wie es doch noch cool aussehen könnte, habe ich dann das Projekt noch einmal komplett neu aufgerollt."

Foto: Peter Herforth

Diesmal aber richtig. Der Messtechniker karrte den Mazda zu Carstyle.me (www.carstyle.me), und dort wurde der mittlerweile über 30 Jahre alte Roadster in seine Einzelteile demontiert. Alte Mazdas können nicht rosten. Sie rosten und verrotten. Und das ziemlich heftig. Leider. Wer nicht regelmäßig mit Hohlraumversiegelungen der Korrosion zu Leibe rückt, hat früher oder später einen Wagen, der nur noch vom Lack zusammengehalten wird. Ich spreche da aus Erfahrung. Mein Winter-Mazda beispielsweise bestand im Grunde mehr aus neu eingeschweißten Blechen als aus den im Mazda-Werk in Hiroshima gestanzten Karosserieteilen. Dank der akribischen Arbeit bei Carstyle.me ging es dem Rost an Eriks MX-5 dagegen viel erfolgreicher ans Blech. Aber im Grunde war die Rostbehandlung einfacher, als die GFK-Teile des Bodykits von PS-Duce perfekt an die Karosse zu montieren. Hinzu kam, dass der betagte Roadster noch einige Sitzungen beim Beulendoktor hatte. Im selben Atemzug wurden vor der neuen Komplettlackierung die Seitenblinker und die Antenne fachgerecht gecleant.

Kontrastprogramm: pinke Komplettlackierung und klassische Tramont-Räder

Aus Japan importierte Erik noch Außenspiegel eines Sondermodells. Dann kam das knallige Pink aufs Blech, Hardtop und Bodykit. Anstatt des alten Gewindefahrwerks passte man ein „GRINDS"-Luftfahrwerk an den MX-5 an. Stabis und Querlenker wurden noch einmal für den Stance optimiert. Jetzt liegt der Mazda perfekt mit dem Unterboden auf der Straße. Und dank eines fachmännischen Stance-Handwerks klappt das sogar mit 9 × 14 Zoll ET-30 und 10 × 14 Zoll ET-55 großen Tramont-TY-2-Rädern!

Foto: Peter Herforth

Aber nicht nur von außen ist der Roadster der Hit. Auch das Interieur braucht sich nicht zu verstecken. Zahlreiche kleine Details, beispielsweise die herzförmigen Tsurikawa-U-Bahn-Haltegriffe und das geschüsselte Momo-Sportlenkrad, sind ein Hingucker. Sehr cool wirken auch die Kupferbremsleitungen der hydraulischen Fly-off-Handbremse. Damit die DTS-Vollschalensitze überhaupt in den engen Roadster passten, cleante Erik kurzerhand die Türen. Er entfernte die Armlehnen und Innengriffe. Die schlankeren Türen bezog er genauso wie die A-Säulen mit schwarzem Stoff. Abgerundet wird das Restyling mit einer Neonbeleuchtung und vielen weiteren kleinen japanischen Accessoires. Zum Schluss kamen noch weiße Scheinwerferabdeckungen und weiß lackierte Rückleuchten dazu. Perfektioniert wird der Stance-Auftritt noch mit weiß lackierten Felgensternen an den zeitlosen Tramont-14-Zöllern. In Zukunft plant Erik, den Motorraum mit einem Turboumbau auf Vordermann zu bringen. Mal schauen, was ihm noch alles einfällt.

Mazda MX-5 (NA), Baujahr 1989 >>> Erik Kümmer

Motor: 1.598-ccm-Reihenvierzylinder (B6ZERS) mit 85 kW (115 PS);

Auspuff: Bōsōzoku-Style-Edelstahlauspuffanlage

Fahrwerk: Grinds-Airride-Fahrwerk mit modifizierten Stabilisatoren, angepassten Querlenkern und Spurstangen, 20-mm-H&R-Distanzscheiben

Rad/Reifen: Tramont-TY-2-Leichtmetallräder in 9 × 14 Zoll ET-30 und 10 × 14 Zoll ET-55, Toyo-Reifen in 195/45-14 und 225/40-14

Bremse: Serienbremsanlage mit hydraulischer Fly-off-Handbremse erweitert

Karosserie: Seitenschwellerträger von Rost befreit, Seitenblinker und Antenne gecleant; Kotflügel und Radhäuser angepasst; PS-Duce-Bodykit (Front- und Heckschürze, Seitenschweller); JDM-Außenspiegel; Hardtop; rosafarbene Komplettlackierung, weiße Scheinwerferabdeckungen, weiß lackierte Rückleuchten, Standlichter

Interieur: DTS-Vollschalensitze mit Eigenbausitzkonsolen, A-Säulen, Seitenverkleidungen und cleane Türen mit schwarzem Stoff bezogen; Innentürgriffe entfernt und Schlaufen nachgerüstet; Momo-Sportlenkrad; Zilla-Life-Schalter; CNC-gefräste Halterung für Fly-off-Bremse, Sonnenblenden und Radio entfernt; Tsurikawa-Haltegriffe

Danke: Carstyle.me und Sylvio Quade