Porsche 911 (993), Baujahr 1994

Gesehen, hingefahren, verliebt und gekauft

23.06.2022 17:07 Uhr

Text: Ben Planz I Fotos: Alexander Pfeiffer

Als Medizintechniker und Türsteher in Personalunion hat Gernot Gutmann in „normalen Zeiten" einen prall gefüllten Terminplan. Der Autobesessenheit des Österreichers hat dies jedoch nie Abbruch getan. Schon von klein auf begeisterte sich Gernot für alles, was mit Benzin und Motoren zu tun hatte. Die Tuningkarriere war quasi vorprogrammiert. Und nach fast drei Dekaden im Führerscheinbesitz hat sich eine lange Liste an Fahrzeugen angesammelt. Der Grund: Gernot wechselte in sehr kurzen Abständen seinen fahrbaren Untersatz. Des Öfteren besaß er mehrere Fahrzeuge gleichzeitig. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem es der Österreicher „ruhiger" angehen lassen wollte. Als mögliche „Dauerkandidaten" kamen nur zwei Boliden infrage – der Audi R8 und der Porsche 964. Letzterer ist bis heute in den Augen von Gernot eines der schönsten Autos, die jemals gebaut wurden. Und glücklicherweise bekam er die Chance, ein Exemplar von einem Sammler zu erstehen. Den umgebauten Sportwagen haben wir euch in TUNING Ausgabe 1/2020 präsentiert. Ende gut, alles gut? Ihr könnt euch denken, dass die Geschichte so nicht endete. Schließlich lest ihr gerade einen Artikel über einen Porsche 993 ...

Vom 964 zum 993

Das Wort „eigentlich" kommt in diesem Magazin sehr oft vor. Eigentlich sollte der Wagen nur für den Alltag gedacht sein. Eigentlich war das Projekt fertig. Und so weiter ... Ihr kennt das ja. Im Fall von Gernot war es so, dass der Porsche 964 eigentlich nicht verkauft werden sollte. Anfragen diesbezüglich hagelte es dennoch andauernd – meist ohne Ergebnis. Doch plötzlich gab es eine unvorhersehbare Entwicklung.

„Normalerweise habe ich, nachdem ich meine Preisvorstellung geschrieben hatte, meist nichts mehr vom vermeintlichen Kaufinteressenten gehört. Diesmal schon. Der Interessent schaute sich das Auto an und war begeistert", erzählt Gernot. Verkaufen oder behalten? Anschließend musste er eine Woche mit sich kämpfen. Schlussendlich entschloss sich der Porsche-Liebhaber doch zum Verkaufen. Bei der Entscheidungsfindung spielte auch die Pandemie eine Rolle. „Alle sagten, ich solle den 964 nicht verkaufen. So etwas, was so gut bei den Leuten ankommt, könne nie wieder jemand bauen. War mir aber egal. Ich baue Autos nur für mich. Auch wenn ich mich freue, wenn ein Wagen gut ankommt", stellt der Österreicher klar.

Foto: Alexander Pfeiffer

Die Suche nach einem Nachfolger für den Porsche 964 begann zeitnah. Nach einem Vierteljahr tauchte im Netz ein Inserat auf, dem Gernot nicht widerstehen konnte. Es war ein Porsche 993 Carrera 2 mit schwarzer Innenausstattung und RS-Clubsport-Paket. Da konnte er einfach nicht Nein sagen. „Gesehen, hingefahren, verliebt und gekauft", berichtet der 46-Jährige von der unkomplizierten Neuanschaffung. Sie ging bereits einen Tag nach Erblicken des Inserats über die Bühne. „Schon im Showroom war mir zu 99 Prozent klar, wie der Wagen später aussehen wird. Das ist bei mir immer so, wenn ich ein Auto kaufe", schwärmt Gernot von seinem Trip zu einem bekannten Sportwagenhändler in Oberösterreich. Ein BBS-Radsatz in 19 Zoll sowie ein Luftfahrwerk waren beschlossene Sache.

„Ich würde kein Auto ohne Luft mehr fahren wollen, da ich fast nur Vorteile sehe", macht der erfahrene Schrauber deutlich. „Ich baue mir das auch alles selbst ein. Dann weiß ich, dass es passt, und es ist bei einer Fehlersuche von Vorteil."

Ähnlich wie beim Vorgängerprojekt können wir auch diesmal nicht über eine katastrophal aus dem Ruder gelaufene Umbauaktion berichten. Bei Gernot scheint einfach immer alles nach Plan zu laufen. Dabei kann er auf die Hilfe und Unterstützung von KFZ Speringer und Peter Pfeffer von PP Automotive zählen. Für sein aktuelles Projekt holte er auch Sohn Niclas ins Boot. Der Stammhalter macht gerade eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. „Niclas ist in alles involviert. Er sagt mir nicht nur seine Meinung, sondern schraubt mindestens genauso viel am Porsche wie ich", erzählt der stolze Vater.

Foto: Alexander Pfeiffer

Nachdem Gernot mit dem Umbau des 993 fertig war, wurde schnell klar: Auch dieser Porsche würde in der Szene einschlagen. Man muss einen Zuffenhausener Boliden nicht zwangsläufig zerflexen, um aufzufallen. Das hat der Österreicher nun schon zum zweiten Mal in Folge bewiesen. „Die Resonanz war von Anfang an sensationell. Es haben mir mehrere Leute gesagt, dass es nicht möglich sein würde, den großen Erfolg meines 964 zu wiederholen", berichtet der Mann aus Theresienfeld. Doch diese Vermutung sollte sich schnell als falsch herausstellen. Eine in der Szene nicht gerade unbekannte Figur wurde auf den 993 aufmerksam. „Als JP den Porsche mehrmals gepostet hat und ihn dann sogar nachbaute, war auch den Letzten bewusst, dass ich nach meinem 996, S5 und 964 ein ganz gutes Händchen beim Tunen haben muss", verkündet Gernot nicht ohne Stolz. Das Porsche-Projekt genießt für Gernot momentan den Status „abgeschlossen". Der Fokus des Österreichers liegt im Moment auf der neuen Garage. Sollte erneut ein unmoralisches Angebot ins Haus Gutmann flattern, könnte auch der 993 den Besitzer wechseln. „Dann würde ich einen 991 umbauen. Oder ein Backdate auf 964-Basis, den es so bestimmt noch nicht gibt", stellt Gernot in Aussicht.

Irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, dass wir bald wieder von dem Türen bewachenden Medizintechniker berichten werden ...

Foto: Alexander Pfeiffer

Porsche 911 (993), Baujahr 1994 >>> Gernot Gutmann

Motor: 3,6-l-6-Zylinder Boxermotor mit 272 PS

Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe mit Sachs-Performance-Kupplung und Umbau auf leichtes Einmassen-Schwungrad

Auspuff: Cargraphic-Klappenanlage

Fahrwerk: Prazis-Luftfahrwerk von Dumped, Airlift-Performance-3H-Steuerung mit Höhensensoren, OMP-Domstreben

Rad/Reifen: BBS LM, vorn in 8,5 x 19 Zoll (ET50) mit Hankook Ventus S1 EVO3 in der Dimension 215/35R19 (VA), hinten in 10 x 19 Zoll (ET45) mit Hankook Ventus S1 EVO3 in der Dimension 245/30R19

Interieur: Recaro-Pole-Position, Momo-Porsche-Edition-Lenkrad, Heigo-Clubsport-Bügel (Sonderanfertigung), CAE-Shifter

Karosserie: Radläufe hinten leicht angelegt

Car-Hi-Fi: Blaupunkt Bremen SQB46 mit Original-Porsche-Soundsystem

Dank an: Sohn Niclas, Christoph Speringer von KFZ Speringer (Wartungsarbeiten, Einbauhilfe bei Fahrwerk und Auspuff), Peter Pfeffer von PP Automotive (Einbau von CAE-Shifter und Lenkrad), Mario Moser von Dumped (Fahrwerk)