Peugeot 508 SW PSE Hybrid 360 e-EAT8 SW

Adieu GTi! Bienvenue PSE!

04.05.2022 13:01 Uhr

Text: Peter Hintze I Fotos: Jan Bürgermeister

Peugeots sportliche Zukunft ist elektrisch. Daran lässt der Hersteller keinen Zweifel. Unter dem Label PSE (Peugeot Sport Engineered) schicken die Franzosen nun ihr erstes Modell ins Rennen, den Peugeot 508. Ein Teilzeitstromer mit Allradantrieb und einer Systemleistung von 360 PS und 520 Nm soll die neue Sportlichkeit definieren. Kann das gelingen? Wir sind den Peugeot 508 SW PSE gefahren.

Foto: Jan Bürgermeister

Festhalten, bitte! Die Löwenmarke fährt die Krallen aus und bringt mit dem Peugeot 508 PSE das erste elektrifizierte Sportmodell auf unsere Straßen. PSE steht für Peugeot Sport Engineered. Sportliches Fahren. Immer irgendwie elektrisch. Das wird spannend. Zumindest blicke ich einigermaßen skeptisch auf unseren neuen Tester – den neuen Peugeot 508 SW PSE, seines Zeichens Peugeots aktuell stärkstes Serienmodell. Richtig gut sieht er aus – der Mittelklassekombi im Sportdress. Eher unspektakulär fällt der Blick unter die Haube aus. Unter einem schnöden Plastikdeckel steckt der turboaufgeladene 1,6-Liter-Vierzylinder. Dem 200 PS starken Triebwerk haben die Entwickler gleich zwei Elektromotoren zur Seite gestellt. Der an der Vorderachse kommt auf 81 kW (110 PS), und ein maximales Drehmoment von 320 Newtonmetern ist ans Achtgangautomatikgetriebe gekoppelt. Das E-Triebwerk an der Hinterachse hat 83 kW (112 PS) und ein maximales Drehmoment von 166 Newtonmetern. Daraus ergibt sich eine Systemleistung von 360 PS und ein maximales Drehmoment von 520 Nm. Sport mit Stecker also ... Doch Peugeot hat eine lange Rennsporthistorie. Und seit mehr als zehn Jahren ist die Sportabteilung der Franzosen dabei, ihr Können in puncto Hybridtechnologie für den Rennsport und im Straßenverkehr zu optimieren. Zu nennen wären hier 908 HY, 908 Hybrid4, 308 R Hybrid und 208 FE – Vorschusslorbeeren für das erste Serienmodell unter dem Label PSE.

Foto: Jan Bürgermeister

Nachts sind alle Katzen grau, sagt man. Auch die Löwen? Wie dem auch sei: Das Metallic Selenium Grau, eine von drei angebotenen Lackierungen, steht dem Sportswagon (SW), der für zwei Wochen unseren Fuhrpark bereichert, perfekt. Im Angebot sind ferner die Farbtöne: Perla Nera Schwarz und Perlmutt Weiß. Chrom und anderen klassischen Zierrat sucht man beim Neuling im Exterieur vergebens. Peugeots neue Sportlichkeit definiert sich beim 508 PSE, der als Coupé-Limousine und Kombi angeboten wird, anders. Ähneln die Tagfahrleuchten nun eher einem Säbelzahn oder doch eher einer Löwenkralle? Das ist Ansichtssache. Egal, die Front wirkt dadurch zorniger. Bleiben wir in der Wildnis: Drei in Neongrün, bei Peugeot Kryptonit genannte Streifen, erinnern an die Krallen des Löwen und stehen sinnbildlich für das Label PSE. Die 508 auf dem Haubendeckel ist in Schwarzmatt gehalten. Im tiefer gezogenen Stoßfänger finden sich kryptonitfarbene Elemente wieder. Die markanten Flaps an der Front- und Heckschürze sowie an den Schwellern sind ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Neulings im hybriden Sportgeschäft. Den Heckdiffusor haben die Franzosen in hochglänzendem Schwarz lackiert. Dieselbe Farbe tragen auch Außenspiegel und Dachreling, die hinteren Seitenscheiben sind wie die Rückleuchten abgedunkelt. Schwarze, angesichts des Benzinmotors keineswegs überdimensionierte Endrohre garnieren den Auftritt. Zudem wurde das Fahrwerk angepasst und die Spur verbreitert. Fette 20-Zöller, umhüllt von Michelin-Pilot-Sport-4-S-Bereifung, stehen dem Sportmodell perfekt. Keine Frage: Rein äußerlich macht der in Mulhouse gebaute Athlet etwas her. Durch die riesigen Alus fällt mein Blick auf die Bremssättel, die an der Vorderachse den Namen „Peugeot Sport Engineered" stolz zur Schau tragen.

Foto: Jan Bürgermeister

Sportlich, elegant und komfortabel präsentiert sich auch der Innenraum des teilelektrifizierten Sportkombis. Das Interieur des Mittelklassewagens punktet mit vielen Details. Zu nennen wäre hier die Holzoptik der Mittelkonsole. Dort befinden sich neben dem Wählhebel für die Achtgangautomatik der Start-Stopp-Knopf und der Schalter zur Anwahl der Drive-Modi Electric, Hybrid, Allrad und Sport. Das oben und unten abgeflachte zweispeichige Minilenkrad mit kryptonitfarbener Löwenkralle mit Schaltwippen liegt gut in der Hand, wenngleich Teile des i-Cockpits für Großgewachsene wie mich schwer einsehbar sind. Bei aller Kritik: Die wichtigsten Elemente haben wir stets im Blick. Vom Energiemonitor bis zur insbesondere für Nachtfahrten augenschonenden Minimalanzeige: Über das Lenkrad lässt sich das Cockpit nach Belieben personalisieren. Die mit Kontrastnähten in Kryptonit abgesteppten Sportsitze in Leder-Stoff-Alcantara-Kombination bieten guten Seitenhalt. In puncto Verarbeitungsqualität ist allerdings Luft nach oben. Mit gut 12.000 Kilometern auf der Uhr zeigte die Innenausstattung unseres Testers erste sichtbare Abnutzungserscheinungen. O, là, là ... Das darf bei einem Fahrzeug mit einem Preis von rund 68.000 Euro nicht sein. Positiv überrascht bin ich vom Infotainmentsystem mit Navigation. Es verfügt über ein Zehn-Zoll-Display, und die Bedienung erfolgt nahezu intuitiv über die von Peugeot bekannte Klaviatur. Zur Serienausstattung gehört ferner ein Focal-Soundsystem mit klasse Klang. Etwas umständlich gestaltet sich indes die Suche nach dem USB-Ladepunkt fürs Smartphone. Er liegt versteckt und ist fummelig zu erreichen.

Foto: Jan Bürgermeister

Also Start-Stopp-Knopf gedrückt, und los gehts zur ersten Ausfahrt. Vorab: Der Peugeot 508 SW PSE rollt immer elektrisch los. Dies freut die Nachbarn. Lautlos gleitet der Teilzeitstromer durch die Landschaft. So leise, dass man die Vögel zwitschern hören kann. Wenn man will ... Bis zu 42 Kilometer rein elektrische Reichweite, verspricht der Hersteller. Hinterher muss der Peugeot geladen werden – sechseinhalb (!) Stunden an die Haushaltssteckdose, fast dreieinhalb an einer handelsüblichen Wallbox. Uns interessiert der Sport-Modus. Über den Schalter in der Mittelkonsole wechsle ich in die sportliche Gangart. Beim beherzten Tritt aufs Gaspedal greifen beide Elektromotoren dem Benziner unter die Arme. Okay, übertrieben sportlich ist das nicht. Eben anders. Aber die Fahrleistungen sind akzeptabel. In 5,2 Sekunden sprintet der Peugeot 508 SW PSE aus dem Stand auf Tempo 100. Bis Tempo 190 unterstützen die Elektromotoren. Der Allradantrieb sorgt für Traktion in allen Lagen. Jenseits von Tempo 190 muss der Benziner alleine klarkommen, schiebt den gut 1,8 Tonnen schweren Wagen bis 250 Stundenkilometer. Dann ist seine maximale Geschwindigkeit erreicht. Nichts zu meckern gibt es an den Bremsen. Sie verzögern ordentlich. Fahrwerkseitig könnte der Peugeot etwas straffer abgestimmt sein. Zusätzlich zum Allradantrieb ist der Peugeot 508 SW PSE mit nahezu allen Fahrerassistenzsystemen des Peugeot 508 ausgestattet. Für ein Plus an Komfort und Sicherheit sorgen unter anderem das Nachtsichtsystem Night Vision, der Automatische Geschwindigkeitsregler ACC mit Stopp-&-Go-Funktion inklusive Spurpositionierungsassistent und die Active Safety Brake Plus.

Foto: Jan Bürgermeister

Trotz seines extrovertierten Aussehens ist der Peugeot 508 PSE kein Krawallbruder. Er versucht eher, sportliche Fahrer mit grünem Gewissen anzusprechen. Wer etwas anderes sucht, greift zu einem RS-, M- oder AMG-Modell.

Fazit:

Adieu, GTi ... Unter dem Label PSE (Peugeot Sport Engineered) macht sich die Löwenmarke auf zu neuen sportlichen Ufern. Und die sind immer elektrisch. Vom neuen Peugeot 508 SW PSE ist deshalb keine klassische Fahrmaschine zu erwarten. Beim sportlichen Mittelkassekombi trifft Fahrspaß auf Vernunft – und das bei einer Systemleistung von 360 PS und 520 Newtonmetern. Rein elektrisch, im Hybridmodus oder sportlich unterwegs sein – das entscheidet am Ende jeder selbst. Punktabzug gibt es beim Preis.

Foto: Jan Bürgermeister

Peugeot 508 SW PSE Hybrid 360 e-EAT8 SW

Karosserie: Lackierung in Metallic Selenium Grau

Interieur: Vollleder/Stoff/Alcantara Schwarz

Motor/Antrieb: Hybridmotor mit einer Systemleistung von 265 kW (360 PS), max. Drehmoment 520 Nm, bestehend aus 1,6-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit Turboaufladung mit 147 kW (200 PS) bei 6.000 U/Min und max. Drehmoment 300 Nm bei 3.000 U/Min sowie Elektromotor vorn mit 81 kW (110 PS) bei 2.500 U/Min und Drehmoment 320 Nm sowie Elektromotor hinten mit 83 kW (112 PS) bei 1.400 U/Min und Drehmoment 166 Nm, Schadstoffnorm: Euro 6d-ISC-FCM

Getriebe: Acht-Gang-Automatik-Getriebe

Fahrleistungen: 0-100 km/h 5,2 Sekunden, Vmax: 250 km/h

Verbrauch: Kraftstoffverbrauch kombiniert 2,0 Liter*, CO2-Ausstoß gewichtet kombiniert 46 g/km*, elektrische Reichweite 42 km*, Energieverbrauch 16,6 kWh/100 km* (*Werksangaben nach WLTP), Energieeffizienzklasse A+

Batterie: Kapazität 11,8 kWh, Onboard-Charger 3,7 kW (1-phasig), Ladedauer AC, 1,8-kW-Steckdose, 1-phasig (0–100 %) 6h 35min; Ladedauer AC, 3,7-kW-Green-up, 1-phasig (0–100 %) 3h 20min; Ladedauer AC, 22-kW-Ladestation, 3-phasig (0–100 %) 3h 20min

Grundpreis: 67.940 Euro

Testwagenpreis: 68.240 Euro