VW Typ 181 Kübelwagen, Baujahr 1974
Zu schade für die Meile
28.04.2022 12:15 Uhr
Text: Sven Zimmermann, Stephan Szantai I Fotos: Stephan Szantai
Als würdiger Nachfolger des Kübelwagens Typ 82 aus dem Zweiten Weltkrieg verbindet man mit dem für die Bundeswehr gebauten VW Typ 181 eher grobes Gelände und Offroadspaß als glatten Asphalt und Viertelmeile-Rennen. Doch John Meades orangefarbenes Beast zeigt, was passiert, wenn die Leidenschaft für die Quartermile das Projektauto beeinflusst. Es ist laut, es ist schnell und einfach nur megageil! Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sein Erbauer seit 2002 stark in die kalifornische Drag-Racing-Szene verstrickt ist. John rutschte schon in jungen Jahren in die Volkswagen-Schrauberwelt. In den 1970er-Jahren besaß sein Vater einen Sandrail und unser junger Schrauber durfte beim Bau immer mithelfen. Ebenso gab es einen Buggy in der Familie, mit dem John immer zur Highschool fahren durfte. „Ab 1999 ging der Buggy dann komplett in meinen Besitz über und ich versenkte direkt jeden Gehaltsscheck in den kultigen VW", erinnert sich der Kalifornier. „Fünf Jahre später baute ich mir dann meinen ersten Rohrrahmen-Dragster mit einem turboaufgeladenen 2.276-ccm-Typ-1-Motor. Von da an gab es für mich kein Halten mehr und ich war dem Drag-Racing komplett verfallen." Das Teil schaffte die Achtelmeile damals in 6,34 Sekunden – was etwa einer sehr niedrigen Zehnerzeit über die Viertelmeile entspricht – und leistete 332 PS an den Hinterrädern.
Foto: Stephan Szantai
Ab 2010 debütierte John dann mit „The Kitty Car" – einem Drag-Käfer mit Ron-Lummus-Racing-Chassis – in der Pro Racing Association (PRA) beim VW Drag Championship. Als er sein persönliches Ziel von Neunerzeiten auf den magischen 402 Metern erreicht hatte, fühlte er, dass die Zeit für etwas Neues gekommen war, und verkaufte seinen Race Bug 2014. „Ich wollte endlich wieder ein Auto für die Straße", erklärt John weiter. „In den USA ist der VW Typ 181 inzwischen ein seltenes Teil und man sieht nicht mehr viele davon rumfahren. Das war genau das Richtige für meine Pläne. Also ging ich auf die Suche nach einer passenden Basis."
In San Diego fand er dann schließlich ein recht ausgenudeltes Exemplar. Doch der 74er sollte nur 2.000 Dollar kosten und viel von der Basis würde eh nicht übrig bleiben. Also fuhr unser Mann mit seinem Kumpel Ernie in den tiefen Süden Kaliforniens, um den kleinen Kübelwagen abzuholen. Kaum wieder zu Hause gingen die Arbeiten auch schon los. Die hintere Feuerwand und das Blech zwischen Fahrgastraum und dem vorderen Kofferraum flogen raus. Die Frontscheibe samt Rahmen verlor vier Zoll an Höhe. Dafür wurden die hinteren Radausschnitte um drei Zoll angehoben und mit Fiberglaskotflügeln abgedeckt. Das sorgt für einen mächtig aggressiven Look. Währenddessen fertigte man bei Ron Lummus Racing aus Anaheim ein Chromoly-Chassis individuell für das Monster-Ding an. Die Chassisspezialisten verwendeten hierfür eine um zwei Zoll verschmälerte Kugelgelenkachse mit Zahnstangenlenkung und verbauten rundum Strange-Scheibenbremsen.
Foto: Stephan Szantai
Bis zur Fertigstellung des Rohrrahmens nutzte John die Zeit, um auf Teilemärkten, online oder bei Kumpels Anbauteile einzukaufen. Als sich bei John die Kisten mit feinen Teilen langsam stapelten, konnte es an den Zusammenbau gehen. Den Anfang machten die Felgen. Diese stammen von Vision Wheels und nennen sich American Muscle Serie 561. Die zwei an der Vorderachse haben die Dimension 4 x 15 und sind mit 155/60er-Nankangs bezogen. Für hinten gab es mächtige 275/60er-Mickey-Thompsons auf Felgen in 9 x 15. „Die Konstruktion der Hinterachse habe ich mir übrigens komplett selbst ausgedacht", erklärt John weiter. Die Dämpfer sind dabei voll einstellbar, um sie genau auf die Bedürfnisse der Strecke abzustimmen.
Für den Antriebsstrang fand unser Mann im Internet einen 2.498-ccm-Longblock, der auf einem Scat-Gehäuse aufbaute. Zusammen mit dem 091er-Bus-Getriebe, das Mike Herbert von Rancho Transaxles aufbaute, die perfekte Ausgangsbasis. Nimmt man die Aluverkleidung am Heck ab, hat man einen optimalen Blick auf die Monster-Maschine mit dem Garrett-Turbolader. Die Spritversorgung übernimmt ein 650-cfm-Mighty-Demon-Vergaser von Holley. Das Saugrohr baute unser Schrauber dafür wieder selbst. Über riesige 48er-Einlassventile wird das explosive Gemisch mit Druck in die Superflo-Köpfe gepresst. Eine komplette MSD-Zündanlage sorgt für den Funken und die komplette Verbrennung. Dafür, dass dem Aggregat nicht zu warm wird, sorgt ein Porsche-Style-Gebläse von Bernie Bergman. Aufgrund der 90-mm-Kurbelwelle und der extremen Breite des Motors musste die Gebläsehaube extra angepasst werden.
Foto: Stephan Szantai
In der vierjährigen Bauzeit gab es immer wieder mal ein paar kleine Rückschläge. „Bei einigen Sachen war ich mir unsicher und fragte ein paar Leute", erinnert sich der Amerikaner. „Doch wer viel fragt, bekommt viele Antworten. Am Ende sagte ich mir: ‚Es ist dein Projekt – also bau es, wie du es willst!'" Trotzdem brauchte John einige Anläufe, bis er wirklich zufrieden war. So verkabelte er das Auto zum Beispiel dreimal, bis alles passte. Ebenso wechselte die Gemischaufbereitung mehrfach zwischen Einspritzung und Vergaser, bis alles zufriedenstellend lief. Die Jungfernfahrt ging dann schließlich zur El Prado Show 2019 ohne Probleme vonstatten.
„Um mich an den Vertigate Shifter zu gewöhnen, habe ich einige Kilometer gebraucht", lacht John, „aber dann war es ganz in Ordnung!" Die Frage ist jetzt nur: Wird der in Habanero Orange lackierte Monster-Kübel auf der Viertelmeile zeigen dürfen, was in ihm steckt? „Nein, ich hatte meinen Spaß auf dem Drag-Strip! Den genieße ich jetzt nur noch auf der Straße, wenn ich zum Rennen fahre, um zuzuschauen!"
Foto: Stephan Szantai
Karosserie: ca. 10 cm gekürzte Frontscheibe, Fiberglaskotflügel vorne und hinten, hintere Kotflügel um ca. 7,5 cm nach oben gesetzt, Eigenbau-Stoßstangen vorne und am Heck, LED-Scheinwerfer und -Rückleuchten, Alumotorhaube, lackiert in VW LB2Y Habanero Orange
Motor: 2.498 ccm, aufgebaut auf einem vierteiligen Gehäuse von Scat, 90-mm-Kurbelwelle mit Gegengewichten und Typ4-Hauptlagern, 94er-Zylinder von Pauter mit passenden Kolben von Wiseco, Engle-FK-47-Nockenwelle, Superflo-Köpfe mit 48er-Einlass- und 40er-Auslassventilen, 8,1 zu 1 verdichtet, Pauter-Kipphebel mit 1,4-zu-1-Übersetzung, MSD-Digital-6-Plus-Zündbox, MSD-Verteiler mit Blaster-HVC-Zündspule, Holley-Mighty-Demon-650-cfm-Vergaser auf Eigenbau-Saugrohr, Garrett-Turbolader von Turbo Direct modifiziert, Trockensumpfschmierung von Autocraft
Auspuff: 44-mm-Eigenbau-Anlage
Getriebe: Typ-091-Bus-Getriebe von Rancho Transaxles – gebaut von Mike Herbert, Kennedy-Stage-3-Druckplatte, Black-Magic-Kupplungsscheibe, verstärkte Antriebswellen
Fahrwerk: von Ron Lummus Racing angefertigter Chromoly-Rohrrahmen, ca. 50 mm verschmälerte Kugelgelenkvorderachse, Zahnstangenlenkung, voll einstellbare Sechslenkerhinterachse
Bremsen: Zweikolben-Scheibenbremse von Strange an der Vorderachse, hinten Strange-Vierkolben-Scheibenbremse
Rad/Reifen: Vision Wheels Modell American Muscle 561 in den Dimensionen 4 x 15 vorne mit 155/60er-Nankangs und 9 x 15 hinten mit 275/60er-Mickey-Thompsons
Interieur: Kirky-Alurennschalen mit hellgrauem Stoffüberzug, Sportlenkrad von Grant, Racepack-IQ33-Digitalanzeige, programmierbarer MSBC-1 Boost-Controller von Innovative, Vertigate-Schalthebel, 5-Punkt-Gurte von Crow, komplette Aluminiumverkleidung
Danke an: meine Frau Maria, Lupe Villareal, Mike Herbert, Ron Lummus, Shawn Moore, Johnny Leso und alle, die geholfen haben